Psychische Erkrankungen sind in der Bevölkerung weitverbreitet. Leider werden sie aber immer noch häufig stigmatisiert und tabuisiert.
Wer eine Grippe hat oder ein gebrochenes Bein, hat in der Regel keine Probleme, darüber zu sprechen, bei anderen auf Verständnis zu stoßen und sich helfen zu lassen. Bei psychischen Erkrankungen sieht das häufig anders aus, denn diese sind meist nicht offensichtlich zu erkennen und können von Nicht-Betroffenen manchmal nur schwer nachvollzogen werden.
Die „Unsichtbarkeit“ der Erkrankung kann Unverständnis und Vorurteile hervorrufen, und dies kann dazu führen, dass Betroffene oft Angst haben, sich Freunden, ihrer Familie oder medizinischen Fachkräften anzuvertrauen. Isolation, Einsamkeit und Schuldgefühle können die Folge sein und die Krankheitssymptome noch verstärken, wodurch ein Teufelskreis entsteht.
Zahlen und Fakten
Um zu verdeutlichen, dass psychische Erkrankungen häufig auftreten und sozusagen „ganz normal“ sind, stelle ich nachfolgend einige aktuelle Zahlen und Fakten vor.
Die nachfolgenden Daten sind dem Fact Sheet 2024 der DGPPN entnommen. (DGPPN, das ist die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e. V.)
In Deutschland sind demnach jedes Jahr knapp 28 % der erwachsenen Bevölkerung von einer psychischen Erkrankung betroffen. Die häufigsten psychischen Erkrankungen sind in Deutschland Angststörungen (ca. 15 %) und Depressionen (ca. 8 %).
Noch dramatischere Zahlen liefert die Mental Health Surveillance des Robert-Koch-Instituts (RKI): Laut Daten der MHS lag der Anteil der Personen, deren depressive Symptome als auffällig zu bewerten sind, Ende 2022 bei 20 %. Bei etwa 12 bis 15 % der Bevölkerung lagen die selbstberichteten Angstsymptome im auffälligen Wertebereich.
Dass die Angaben zur Häufigkeit des Auftretens (Prävalenz) psychischer Erkrankungen so stark variieren, hat verschiedene Gründe, unter anderem:
- Unterschiedliche Diagnosekriterien: Die Definition und Klassifikation psychischer Erkrankungen ändern sich mit neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen, was zu unterschiedlichen Prävalenzraten führen kann.
- Methoden der Datenerhebung: Studien verwenden verschiedene Methoden zur Erfassung von Daten – etwa Selbstberichte, klinische Interviews oder Krankenakten – was die Ergebnisse beeinflusst.
- Zugang zur Gesundheitsversorgung: In Regionen mit besserem Zugang zu psychiatrischer Versorgung werden mehr Fälle diagnostiziert, während in unterversorgten Gebieten viele Erkrankungen unerkannt bleiben.
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Zwei letzte (und sehr erschreckende!) Zahlen: Weniger als 20 % der Betroffenen begeben sich in Behandlung – das bedeutet, dass über 80 % der Betroffenen keine professionelle Hilfe bekommen! Die Gründe dafür sind vielfältig. Häufig spielen Vorurteile und Scham eine Rolle, und oftmals leider auch lange Wartezeiten bei Fachärzten und Therapeuten.
Wichtig zu wissen
Depressionen und Angststörungen sind häufig gut therapierbar, vor allem, wenn sie früh erkannt werden! Deshalb ist eine möglichst frühzeitige Behandlung sinnvoll und bringt die besten Heilungschancen.
Achtung: Wenn psychische Erkrankungen unbehandelt über Jahre hinweg bestehen, können sie chronisch werden.
Du bist nicht allein!
Dieser Satz gilt für Betroffene und Nicht-Betroffene gleichermaßen.
- Betroffenen soll der Satz Mut machen, das Tabu zu überwinden, über ihre Erkrankung zu sprechen und sich Hilfe zu suchen.
- Für Nicht-Betroffene gilt: Auch du bist nicht allein – rein statistisch kennt jeder Nicht-Betroffene mehrere Betroffene! Das Tabu zu durchbrechen und sich über psychische Erkrankungen im Familien- oder Freundeskreis auszutauschen, hilft sehr und nimmt viel Druck von allen Beteiligten.